Die Charlottenkrippe – eine wechselhafte Geschichte mit vielen Wandlungen
Die Geschichte der Charlottenkrippe spiegelt auf sehr interessante Weise Zeitgeschehen und gesellschaftliche Veränderungen von fast 140 Jahren wider.
1882 sahen einflussreiche Bürger der Stadt die erste Notwendigkeit, über Kinderbetreuung nachzudenken, damit alleinstehende Frauen mit kleinen Kindern für ihren Lebensunterhalt arbeiten gehen konnten. Sie organisierten eine Betreuung in einem Hinterzimmer des Gasthofs Krone, erst in der Lindenstraße, dann am Reithausplatz und gründeten den Krippenverein.
1891 erhielt der Verein den Namen Charlottenkrippe von Königin Charlotte von Württemberg (1766-1828), die sich in ihrem Lebenswerk sehr für die Belange von Frauen und Mädchen einsetzte und das Protektorat übernahm.
1892 gründete Kommerzienrat Franck eine Stiftung. Sie umfasste ein Haus in der Wilhelmstraße 35 und ein Stiftungsvermögen. Beides übergab er an die Stadt Ludwigsburg mit der Verpflichtung, für den Unterhalt der Einrichtung aufzukommen.
Ein Stiftungsrat als Kontrollorgan wurde eingesetzt. Eine Besonderheit war die Verfügung, dass im Stiftungsrat die weiblichen Mitglieder immer die Mehrheit haben müssen. In dieser Zeit kam die erste Berufs-Schwester, eine Olgaschwester, ins Haus.
Zwischen 1929 und 1934 wirkte sich die Wirtschaftskrise mit der hohen Arbeitslosenrate auf viele Mütter aus, daher wurden wenig Kinder betreut. Stattdessen wurde eine Kinderspeisung eingerichtet, um der drohenden Unterernährung vieler Kinder entgegenzuwirken.
Ab 1934 wurde die Charlottenkrippe wieder als Kindertagesstätte genutzt, und ab 1937 kam sie unter die Leitung der Nationalistischen Volksfürsorge. Das Stiftungsvermögen wurde eingezogen und ist seitdem nicht mehr vorhanden.
Nach dem Kriegsende 1945 war die Charlottenkrippe geschlossen. Das Haus wurde erst mit französischen Soldaten belegt und dann mit Flüchtlingsfamilien belegt.
Ab 1949 begann im Erdgeschoss mit zwei Kindern und zwei Schwestern wieder der Betrieb einer Kinderbetreuung. Das Haus wurde renoviert, da es rasch einen hohen Bedarf an Betreuung gab.
1953 wurde das Diakonissenmutterhaus Aidlingen um Unterstützung angefragt. Die ersten 3 Aidlinger Schwestern wurden eingesetzt und mit der Leitung des Hauses betraut. Es gab einen hohen Bedarf, und es wurden zu der damaligen Zeit bis zu 90 Kinder betreut, teilweise blieben die Kinder auch über Nacht.
Da das Gebäude Wilhelmstr. 35 und vor allem der mangelnde Garten nicht mehr den Notwendigkeiten einer Kinderbetreuung entsprach, stimmte der Gemeinderat 1979 dem Umbau der Häuser in der Wilhelmstraße 44 bis 46 zu, parallel dazu begann der Aufbau einer Schulkindergruppe.
1981 konnte die Charlottenkrippe in die Gebäude der Wilhelmstr. 44 bis 46 umziehen.
Die neue Konzeption sah statt altershomogener Gruppen eine Altersmischung von Kindern zwischen 0 und 3 Jahren vor. Die Kinder wechselten mit 3 Jahren in den eigenen Kindergarten und als Schulkinder in den eigenen Hort, wo sie in der Regel bis zum Ende der 4. Klasse vor und nach der Schule betreut wurden.
2003 kaufte die Stadt das Haus in der Wilhelmstr. 48 dazu, um mehr Platz für Kindergruppen zu schaffen.
Nach und nach wurden die Krippengruppen und der Kindergarten in Gruppen mit der Altersmischung 1 bis 6 Jahre umgewandelt.
Da der Außenspielbereich für die Anzahl der Kinder nicht ausreichte, konnte die Stadt 2011 das angrenzende Gelände in Richtung Asperger Straße für die Charlottenkrippe erwerben. Hier entstanden der untere Hof und eine kleine Turnhalle.
2015 wurde der Hort der Charlottenkrippe zugunsten des Ausbaus der Ganztagesbetreuung an den Schulen geschlossen, die Betreuung der Kinder endete nun mit dem Schuleintritt.
2019 begann die Covid-19-Pandemie. Der Betrieb der Charlottenkrippe lief mit einem veränderten Hygiene-Konzept weiter. Es gab bei hohen Inzidenz-Werten immer wieder Notbetreuungszeiten, in denen nicht alle Kinder kommen durften. Bei positiven Testergebnissen oder Covid-19-Erkrankungen mussten einzelne Gruppen für 14 Tage in Quarantäne.